Die Fünfte Disziplin – Peter M. Senge

13. Januar 2019 Aus Von Seitenweisheiten

Ein Beitrag zu meinem Bücher-Schwerpunkt wissenschaftliche Literatur Jänner – März 2019:

Peter M. Senge´s Buch „Die Fünfte Disziplin“ von 1990 beschreibt das Zusammenwirken von fünf Disziplinen, die einen lebenswichtigen Beitrag für den Aufbau einer lernenden Organisation leisten können.

Nicht mehr nur Anweisungen befolgen, die vom Management-Team kommen, sondern das Engagement und Lernpotential auf allen Ebenen einer Organisation erschließen, das wird, laut Senge, in Zukunft den Erfolg von Unternehmen ausmachen.

Auch wenn Peter M. Senge seine fünf Disziplinen bereits 1990 niedergeschrieben hat, können seine Ausführungen zur lernenden Organisation noch immer als gültige Paradigmen des Wissensmanagements bezeichnet werden.

Die fünfte Disziplin nämlich das Systemdenken, beschreibt das Ineinandergreifen und Zusammenspiel von Handlungen, die durch unsichtbare Gewebe miteinander verbunden sind und oft erst nach längeren Zeiträumen ihre vollen Auswirkungen erkennen lassen.

Senge erklärt das anhand des Beispiels eines Unwetters: Zuerst ziehen Wolfen auf, der Himmel verdunkelt sich, Regen kündigt sich an. Der Niederschlag wird ins Grundwasser versickern und am nächsten Morgen klart der Himmel wieder auf. Die einzelnen Ereignisse, räumlich und zeitlich voneinander getrennt, gehören zu einem Muster, das sich gegenseitig beeinflusst und doch nicht bewusst wahrgenommen wird. Nur unser Wissen über diese Einzelheiten, unser Beobachten der Abläufe, lässt uns das große Ganze verstehen.

Menschliche Unternehmungen, wie die Geschäftswelt, sind auch Systeme. Auch hier erzeugen meist unsichtbare Verbindungen und Handlungen oft längerfristige Veränderungen, die erst nach Jahren wirksam werden.

Die 5 Disziplinen laut Senge sind:

  1. Eine gemeinsame Vision entwickeln – Durch eine gemeinsame Zukunftsvision und einer gemeinsamen Unternehmensphilosophie wachsen die MitarbeiterInnen über sich selbst hinaus und lernen aus eigenem Antrieb.
  2. Mentale Modelle – Mentale Modelle sind tief im Unterbewusstsein verwurzelte Ansichten über Bilder und Symbole, die Menschen in ihrem Verhalten beeinflussen. Deshalb reagieren Unternehmen oft nicht auf veränderte Marktsituationen oder veraltete Strukturen. Management-Teams müssen sich einen Spiegel vorhalten und ihre inneren Bilder aufdecken.
  3. Personal Mastery – bedeutet Persönlichkeitsentwicklung und Selbstführung. Es geht darum, die persönlichen Visionen laufend zu kontrollieren und zu vertiefen, Energien zu bündeln und sein Handwerk zu „beherrschen“. Dadurch können lernende Organisationen die Realität objektiv betrachten und Ziele konsequent verwirklichen.
  4. Team Lernen – Beim Team-Lernen werden eigene Annahmen aufgehoben und ein gemeinsames Denken etabliert. Es soll ein Dialog geführt werden, bei dem Strukturen erkannt werden können, die das Lernen im Team behindern. Erst wenn Teams lernfähig sind, kann auch eine Organisation davon profitieren und lernfähig werden.
  5. Systemdenken – Das Systemdenken ist eine integrative Disziplin, die alle vier miteinander verknüpft. Einzeln sind die Disziplinen isoliert und ohne Motivatoren. Durch das Systemdenken werden Theorie und Praxis zusammengeführt. In einer lernenden Organisation entdecken Menschen, dass sie ihre Realität selbst erschaffen und verändern können.

Die 9 System-Archetypen, die eine lernende Organisation im Auge behalten muss:

  1. Gleichgewichtsprozess mit Verzögerung – Verzögerungen in Prozessen können zu korrektiven Maßnahmen führen, da keine Fortschritte erkennbar sind. Das kann zu aggressivem Verhalten und Instabilität führen. Achtung: Geduldig agieren oder das System empfänglicher machen!
  2. Grenzen des Wachstums – Zuerst beschleunigt sich das Wachstum und dann verlangsamt es sich meist ohne erkennbaren Grund. Es kann sich sogar umkehren. Der Grund dafür ist, dass bei verstärktem Feedback der Anstieg verursacht wird und bei Erreichung der Grenze ein ausgleichender Prozess einsetzt. Die Grenze kann durch beschränkte Ressourcen oder Reaktionen erfolgen. Achtung: Der Wachstumsprozess sollte nicht verstärkt und Ursachen für Beschränkungen sollten beseitigt werden.
  3. Die Problemverschiebung – Um Probleme zu lösen werden kurzfristige Maßnahmen angewendet. Langfristige Korrekturen werden dadurch verhindert. Achtung: Symptome sollen nur im Notfall beseitigt werden, grundsätzlich sollen die Ursachen der Probleme gelöst werden.
  4. Die Verschiebung des Problems auf den Intervenierenden – Wenn von Außerhalb bei Problemlösungen geholfen wird, und das erfolgreich ist, verlernen Menschen innerhalb des Systems, wie man Probleme selbst ausmerzt. Achtung: Bei Hilfe von Außerhalb müssen sich die Helfer strikt an Interventions-Regeln halten. Unterstützend dürfen sie beim Aufbau zu helfen, damit die Menschen in Zukunft die Probleme selbst bewältigen können.
  5. Erodierende Ziele – Kurzfristige Lösung die ein langfristiges Ziel herunterschraubt. Achtung: Die Vision soll niemals aus den Augen verloren werden.
  6. Erfolg des Erfolgreichen – Wenn bei zwei Aktivitäten ein Ungleichgewicht an Ressourcen und Unterstützung herrscht. Achtung: Besonders wenn die selben Ressourcen benötigt werden, sollte man eine schwächende Verbindung aufheben oder reduzieren, um damit wieder Ausgewogenheit herzustellen.
  7. Die Tragödie der Gemeingüter – Eine allgemein zugängliche aber begrenzte Ressource wird solange genützt bis sie entweder aufgebraucht oder erheblich dezimiert ist. Achtung: Gemeingut sollte geregelt und verwaltet werden.
  8. Fehlkorrekturen – Unvorhergesehene, langfristige Folgen aufgrund einer zuerst erfolgreichen Korrektur. Achtung: Schnelle Patentrezepte sollten vermieden werden und eine langfristige Perspektive beibehalten werden.
  9. Wachstum und Unterinvestition – Niedrige Ziele führen zu niedrigen Erwartungen und in weiterer Folge schlechter Leistung. Achtung: Bevor eine Nachfrage steigt sollte die Kapazität ausgeweitet werden.

Peter M. Senge empfiehlt Unternehmensführungen, eine Umstrukturierung in eine lernende Organisation nur dann vorzunehmen, wenn sie davon völlig überzeugt sind. Die Herausforderung, den MitarbeiterInnen die organisatorisch tiefgreifenden Änderungen nahezubringen, kann nur reibungslos funktionieren, wenn interessierte und engagierte Führungskräfte ein informelles Netzwerk bilden und die Ideen und Aufgaben des Management-Teams für die operative Ebene plausibel transportieren.